Lexikon für Fachbegriffe aus dem Kfz Sachverständigen Bereich.

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    Merkantile Minderwert an Nutzfahrzeugen und Anhängern (LKW)

Aktualisiert am: 07.01.13

Der ATR-Arbeitskreis Wertminderung Nutzfahrzeuge gibt bekannt.
1. Der merkantile Minderwert an Nutzfahrzeugen und Anhängern
Der BVSK hat in seiner Richtlinie zum merkantilen Minderwert nach einer Unfallinstandsetzung ein Berechnungsmodell für die Ermittlung der Wertminderung an Pkw vorgestellt. Darin wurde bereits eine merkantile Wertminderung an Nutzfahrzeugen als möglich beurteilt.
Nun soll diese Richtlinie für diese Fahrzeuggruppe erweitert werden. Dazu wurden die Marktverhältnisse untersucht und Kriterien festgelegt sowie ein Berechnungsmodell für den merkantilen Minderwert an diesen Fahrzeugen ausgearbeitet.
Lange Zeit war in Fachkreisen die Meinung vertreten worden, dass ein Minderwert nach einer Unfallinstandsetzung an Lkw und anderen Nutzfahrzeugen nicht gegeben ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass eine derartige Aussage nicht pauschal richtig ist. Auch in der Rechtsprechung besteht mittlerweile weitgehend Einigkeit, dass ein Minderwert an Nutzfahrzeugen nicht pauschal zu verneinen ist. Sicherlich ist die Wertminderung bei Nutzfahrzeugen unter zum Teil anderen Aspekten zu beurteilen.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist jedoch bei Betrachtung der Definition des merkantilen Minderwertes unverändert zu berücksichtigen: Der Verdacht auf verborgene Mängel, der auch bei einem Nutzfahrzeug zu einem verminderten Verkaufserlös nach einer umfangreicheren Unfallreparatur führen kann. Gerade im Hinblick auf möglicherweise unfallbedingt auftretende Folgekosten, die speziell bei Nutzfahrzeugen teure Reparaturen nach sich ziehen können, ist ein gesundes Misstrauen auch beim Kauf eines nach Unfall reparierten Fahrzeuges angebracht. Auch wenn Schraubteile betroffen sind, können beispielsweise bei Schäden an der Radaufhängung oder am Antriebsstrang versteckte Schäden in vielen Fällen nicht völlig ausgeschlossen werden und erst im weiteren Betrieb zu Tage treten. Ein umfangreicher Schaden an Fahrerhaus und Rahmen wird bei einem Verkauf nach der Instandsetzung in vielen Fällen, vor allem bei höherwertigen Fahrzeugen, zu Diskussionen und einem Wertabschlag führen. Und selbst im Aufbaubereich ist ein Minderwert bei aufwändigen Instandsetzungen nicht auszuschließen.
Eine Reparatur eines Kühlaufbaus beispielsweise kann bei einer dadurch bedingten Undichtigkeit im Bereich der Reparaturstelle zur Feuchtigkeitsansammlung in der Wärmedämmung führen. Kann dadurch die zum lückenlosen Nachweis der Kühlkette erforderliche Dämmwirkung nicht mehr erzielt werden, so kann dies im Extremfall eine Unbrauchbarkeit des Aufbaus zur Folge haben. Andererseits wird ein Schaden an Plane und Spriegel eines Standardanhängers nach fachgerechter Instandsetzung im Regelfall keinen Minderwert erzeugen. Hier ist für die Beurteilung der merkantilen Wertminderung immer eine Betrachtung des Einzelfalles erforderlich, die vom Sachverständigen unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse vorzunehmen ist.
Zu berücksichtigen ist weiterhin die Marktlage. Diese kann sich relativ schnell verändern und ist auch abhängig von überregionalen Vermarktungsmöglichkeiten. Nach Ablauf der ersten Nutzungsperiode gehen viele Fahrzeuge zurzeit in vor allem östliche Nachbarländer, wo eine Wertminderung aufgrund anderer Marktverhältnisse kaum eine Rolle spielt. Bei der Begutachtung eines Haftpflichtschadens sind jedoch in erster Linie regionale (deutsche) Marktverhältnisse zu Grunde zu legen. Entscheidend ist, ob der Geschädigte bei Verkauf des Fahrzeuges nach einer Unfallinstandsetzung an ihm direkt zugängliche (regionale) Händler nach Offenbarung der Unfallreparatur einen verminderten Verkaufspreis zu erwarten hat. Die Regionalität ist hier sicherlich mit einem größeren Einzugsgebiet als bei Pkw zu beurteilen. Kastenwagen mit einer Gesamtmasse von 3,5 bis ca. 6 t sind in ihrem Aufbau weitgehend vergleichbar mit Transportern unter 3,5 t. Sie können daher bezüglich des merkantilen Minderwertes grundsätzlich wie diese behandelt werden (Pkw-Berechnungsmodell mit Faktor 0,7). Bei Nutzfahrzeugen über 3,5 t mit getrenntem Fahrerhaus und Aufbau ist ein neuer Ansatz für die (überschlägige) Ermittlung des Minderwertes erforderlich. Dafür wird das nachstehende Verfahren vorgeschlagen.
Bei der endgültigen Festlegung des Minderwertes hat der Sachverständige darüber hinaus Einsatz, Marktsituation und weitere Einflussfaktoren wie Alter, km-Stand, Erhaltungszustand, Alt- oder Vorschäden u.a. zu berücksichtigen.
Eine feste Grenze der Wertminderungsanfälligkeit in Bezug auf Alter und km-Stand kann analog zur Wertminderungsermittlung für Pkw nicht gezogen werden. Bei Nutzfahrzeugen ist grundsätzlich meist eine intensivere Nutzung mit schnellerer Abwertung als bei Pkw zu berücksichtigen. Aufgrund des gesunkenen Wertes ist jedoch nach etwa 5 bis 6 Jahren (häufige Nutzungsdauer beim Erstbesitzer) ein Minderwert in der Praxis der Schadenregulierung häufig nicht mehr von Bedeutung, da bei entsprechend schweren Schäden und den nutzfahrzeugspezifisch hohen Reparaturkosten im Regelfall die Gutachten Totalschadengrenze erreicht wird.
Ein Minderwert nach dem Austausch geschraubter, untergeordneter Anbauteile ist bei Nutzfahrzeugen nur in Ausnahmefällen gegeben. Der in vielen Fällen sachkundige Nutzfahrzeugkäufer kann einen möglichen Verdacht auf verborgene Mängel bei leichten Schäden hier selbst abschätzen bzw. ausschließen. Bei schwereren Schäden ist jedoch ein gewisses Misstrauen angebracht, das sich in vielen Fällen, vor allem bei neueren Fahrzeugen mit noch relativ hohem Wert, im Verkaufspreis niederschlägt. Dies bestätigen die durchgeführten Marktrecherchen. Ein merkantiler Minderwert kommt regelmäßig in Betracht bei Schäden an der tragenden Struktur von Fahrerhaus, Rahmen oder an Radaufhängungen. Ein Minderwert kann insbesondere anfallen bei Reparaturarbeiten, bei denen die Bearbeitung im Rahmen der Instandsetzung vom Herstellungsprozess abweicht, wie z.B. Richten, Schweißen, Abschnittsreparaturen an konstruktiv nicht vorgesehenen Naht- oder Trennstellen.
Dies vor allem dann, wenn die Instandsetzung möglicherweise zu Spätfolgen führt, die die Nutzung oder die Lebensdauer beeinträchtigen können. Voraussetzung für alle Betrachtungen zum merkantilen Minderwert ist grundsätzlich eine fachgerechte und vollständige Reparatur aller entstandenen Unfallschäden nach den Richtlinien und Vorgaben des Herstellers. Bei Einzel-/Spezialanfertigung von Aufbauten ohne Marktrelevanz ist ein Minderwert nach einer Unfallinstandsetzung nicht gegeben. Dieser kann wegen fehlender Vergleichsdaten hier auch nicht ermittelt werden. Dies gilt auch für Behördenfahrzeuge o.ä., die für einen speziellen Einsatzzweck gebaut sind, wenn sie auf dem Markt nicht in vergleichbarer Bauweise angeboten und nach einer festen Nutzungsdauer z.B. von 10 oder 12 Jahren regelmäßig in weitgehend verbrauchtem Zustand abgegeben werden. Als Berechnungsmodell für den Minderwert bei Nutzfahrzeugen ist das bestehende Modell für Pkw nach Anpassung an die besonderen Verhältnisse geeignet. Für das Grund- bzw. Trägerfahrzeug und Anhänger ergibt sich dabei nach folgendem Berechnungsmodell: Merk. Minderwert MW(G) = WBW(G) x (%-Klasse + Marktfaktor M) x K Die %-Klasse ergibt sich nach folgendem Schema. Klasse N1: Schäden an geschraubten Anbauteilen 0 % bis 0,5 % (ausschließlich Schäden an Stoßfänger, Einstiegkasten, Beleuchtung, Anbauaggregaten, Betriebsmitteltanks, Staukästen, geschraubten Anbauteilen des Fahrerhauses o.ä.) Klasse N2: Leichte Schäden an Fahrerhaus oder Rahmen 0,5 bis 3,0 % (Schäden an geschweißten Teilen des Fahrerhauses, Richten oder Erneuerung von Außenhautteilen ohne Schäden an der tragenden Struktur; leichter Verzug oder Verdrehung des Rahmens ohne Knickbildung, leichte Stauchungen, Erneuern von Rahmenquerträgern) Klasse N3: Leichte Schäden an Fahrerhaus und Fahrgestellrahmen 1,5 bis 4,0 % Klasse N4: Schwere Schäden an Fahrerhaus oder Rahmen 3,0 bis 5,0 % (Erhebliche Schäden an Bodengruppe, Rahmen, A-/B-/C-Säule, Vorderwand, Richtbankeinsatz erforderlich, Erneuerung FHS; erhebliche Rahmenstauchungen, Strukturverschiebungen, Rahmenbrüche, Knickbildung an Längsträgern) Klasse N5: Schwere Schäden an Fahrerhaus und Rahmen 4,0 bis 6,0 % Klasse N6: Schwere Achsschäden (nicht bei Anhängern) Zuschlag 0,5 bis 1,5 % (Stauchung/Knickung/Bruch von Achsträgern oder wesentlicher Baugruppen der Radaufhängung, Schäden im Antriebsstrang) Hinweis: Für Anhänger ist der Minderwert nach diesem Berechnungsschema begrenzt auf maximal 4,0 % des WBW, da die Klassen 2, 5 und 6 entfallen! Da auch der Wiederbeschaffungswert meist erheblich niedriger ist, ergeben sich hier deutlich niedrigere Beträge für die merkantile Wertminderung als beim motorisierten Zugfahrzeug.
Dies entspricht den Marktverhältnissen in diesem Segment. Es können in der Auflistung nicht alle Schäden berücksichtigt werden. Hier nicht aufgeführte Schadenarten oder -zonen sind sinngemäß einzustufen.
Der M-Wert (Marktfaktor) wird analog zum Pkw nach folgendem Schema festgelegt: Hinweis: In der momentanen Marktsituation sind gebrauchte Nutzfahrzeuge (noch) sehr gefragt. Daher ist zurzeit in den meisten Fällen ein Marktfaktor von 0 bis –1,00 marktgerecht. Beschreibung M-Wert gute Marktgängigkeit -1,00% mittlere Marktgängigkeit 0% schlechte Marktgängigkeit 1,00% sehr lange Standzeiten, Exoten 2,00% 2. Merkantiler Minderwert an Aufbauten: Ein Minderwert an Standardaufbauten wie Plane/Spriegel oder Pritsche (offener Kasten) ist nur in Ausnahmefällen gegeben. Bei technisch hochwertigen Aufbauten wie z.B. Kühlkoffern, Tankfahrzeugen, Kippern besteht nach einer Reparatur in sensiblen Bereichen dagegen durchaus die Möglichkeit eines „Verdachtes auf verborgene Mängel“ nach der Instandsetzung, der Grundlage des merkantilen Minderwertes ist. Der Minderwert des Aufbaus lässt sich analog wie folgt ermitteln: Merk. Minderwert MW(A) = WBW(A) x (%-Klassen + Marktfaktor M) x K mit Klasse A1: Leichte Aufbauschäden 0 % (z.B. Richten oder Ersatz von Anbauteilen, Bordwänden, Rungen, Planengestell, Türen, geschraubten Säulen, Unterfahrschutz) Klasse A2: Leichte Aufbauschäden 0,5 bis 2,0 % (z.B. Ersatz (auch teilweise) von eingeschweißten Strukturteilen, Abschnittsreparatur an Kühlaufbauten) Klasse A3: Schwere Aufbauschäden 2,0 bis 4,0 % (z.B. Verschiebung der Aufbaustruktur, Ersatz wesentlicher Konstruktionselemente, erheblicher Eingriff in das Aufbaugefüge, umfangreiche Abschnittsreparaturen, Risiko von erst später erkennbaren Folgeschäden, z. B. Eindringen von Wasser in die Isolierung von Tiefkühlaufbauten) 3. Merkantiler Minderwert am Gesamtfahrzeug Grundsätzlich ist der Wiederbeschaffungswert von Grundfahrzeug und Aufbau jeweils getrennt zu ermitteln und anzusetzen.

Die Wertminderung ist jeweils getrennt zu ermitteln. Der Gesamtbetrag der merkantilen Wertminderung an dem zu beurteilenden Fahrzeug ergibt sich durch Addition der Einzelwerte für Grundfahrzeug und Aufbau: Merk. Minderwert (Ges) = MW (G) + MW (A) Begründung: Bei Berechnung von Grundfahrzeug und Aufbau in einem Zug würde sich vor allem bei teuren Aufbauten eine nicht nachvollziehbare Verschiebung der Berechnungswerte ergeben. Der gleiche Schaden an einem Grundfahrzeug würde bei teurem Aufbau rechnerisch eine höhere Wertminderung zur Folge haben als bei billigen (Standard-)Aufbauten bzw. bei Bewertung ohne Aufbau (Vergleich Sattelzugmaschine mit Betonpumpe, Tankfahrzeug etc. 4. Allgemeines Die Beurteilung des merkantilen Minderwertes an Nutzfahrzeugen ist schwierig. Sie erfordert noch mehr als beim Pkw fundierte Marktkenntnisse des Sachverständigen. Das vorgestellte Berechnungsmodell kann nur als erste, überschlägige Methode dienen.
Es ersetzt nicht die zwingend erforderliche, sachverständige Beurteilung des Einzelfalles. Als Untergrenze für den merkantilen Minderwert wird bei schweren Nutzfahrzeugen über einer Gesamtmasse von 7,5 t ein Betrag von € 500,-, bei leichteren Nutzfahrzeugen ein Mindestbetrag von € 200,- empfohlen. Abweichungen hiervon sind in begründeten Ausnahmefällen möglich. Ein Minderwert an Anbauaggregaten wie Ladekran, Kühlaggregat, Ladebordwand etc. ist im Regelfall nicht gegeben, da es sich hier um überschaubare, technische Einheiten handelt und verborgene Mängel hier bei vollständiger und fachgerechter Instandsetzung nicht zu erwarten sind. Bei schweren Schäden werden diese in den meisten Fällen als komplette Einheit ersetzt.
Der merkantile Minderwert von KOM lässt sich mit dem vorgestellten Berechnungsmodell nicht ermitteln, ist jedoch bei schweren Schäden sicher ebenfalls gegeben. Hier ist ein gesonderter Ansatz erforderlich, zu dem erst nach entsprechenden Marktrecherchen Stellung genommen werden kann. ATR-Arbeitskreis Wertminderung Nutzfahrzeuge Quelle: BVSK
 

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